EN
30. Dezember 2021

Nachrichtenlose Konten - verwaiste Euro-Milliarden bei Banken

Wie wollen wir als Gesellschaft mit verwaisten Euro-Milliarden bei Banken umgehen?

Die sogenannten nachrichtenlosen Konten, für die es keine gesetzliche Definition gibt, sind Konten, bei denen die Bank den Kontakt zum Kunden verloren hat. Entscheidend dabei ist, dass es jahrzehntelang weder Konteneinzahlungen noch Kontenauszahlungen gab. 

Die rechtlichen Grundlagen für das Vorgehen der Banken mit nachrichtenlosen Konten erläuterte die ehemalige Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage: In der Handelsbilanz eines Kreditinstituts sind Kontenguthaben der Kunden als Verbindlichkeit zu passivieren, es sei denn, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit der Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger zu rechnen ist. Für Kontenguthaben wird dies im Regelfall angenommen, wenn diese seit 30 Jahren nicht bewegt worden sind. Dennoch hat ein Kunde auch nach Ablauf der 30 Jahre noch einen Anspruch auf sein Guthaben. Für die Berechnung der Steuerlast hat die Bank die Kundenguthaben spätestens nach 30 Jahren gewinnerhöhend auszubuchen.  

Die neue Bundesregierung will nun diese Bankkonten, deren Inhaber unauffindbar sind, der Allgemeinheit zugutekommen lassen; dabei will sie einen rechtlichen Rahmen schaffen, um Guthaben auf verwaisten Konten zur Förderung des Gemeinwohls nutzen zu können – so der Koalitionsvertrag › 

Herr Antonis Schwarz und Herr Dr. Andreas Zubrod – Managing Partner unserer Partnerschaft – setzen sich seit Jahren zusammen mit dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND › ) dafür ein, dass diese verwaisten Milliarden zur Förderung des Allgemeinwohls eingesetzt werden. Entsprechend bewerten Herr Antonis Schwarz und Herr Dr. Andreas Zubrod die Aufnahme des Themas in den Koalitionsvertrag als großen Erfolg.

Der Reformvorschlag, der durch Herrn Antonis Schwarz, Herrn Dr. Andreas Zubrod, SEND und andere gemeinsam vorgelegt wurde, sieht vor, dass nachrichtenlose Vermögenswerte an einen Social-Impact-Dachfonds fließen sollen, der als auskömmliche initiale Finanzierungsquelle für Sozialunternehmen fungiert. Mit der damit verbundenen Mittelvergabe sollen soziale Innovationen skalierbar werden, eine möglichst große Wirkung und damit gesellschaftlichen Nutzen stillen, so das Konzept. Wenn Eigentümer des Guthabens sich später melden, sollen sie aus dem Vermögen des Fonds ausbezahlt werden. 

Der Vorschlag orientiert sich an Großbritannien › . Dort werden Guthaben nachrichtenloser Konten teilweise an die Einrichtung Big Society Capital ›  überführt, die in Unternehmen aus dem Bereich der Daseinsvorsorge investiert.  

Auch der Sustainable-Finance-Beirat ›  der bisherigen Bundesregierung sprach sich dafür aus, nachrichtenlose Vermögenswerte für den Aufau eines Social-Impact-Fonds zu verwenden, mit dem sich Angebote für die Finanzierung von Sozialunternehmertum fördern lassen.  

„Schätzungen für die Volumina von nachrichtenlosen Konten reichen von zwei Milliarden Euro bis neun Milliarden Euro“, heißt es im Reformvorschlag von Herrn Antonis Schwarz, Herrn Dr. Andreas Zubrod und SEND. Eine Hochrechnung auf Basis einer Stichprobe aus Bayern ergibt laut Herrn Dr. Andreas Zubrod, dass höchstwahrscheinlich zwischen 2,9 Milliarden und neun Milliarden Euro auf Konten und in Wertpapierdepots schlummern, die seit mindestens zehn Jahren nachrichtenlos sind.  

Insgesamt geht es also um Milliarden von Euro, die die Ampel-Koalition für Investitionen in soziale und nachhaltige Innovationen nutzen könnte.



Download:
Verwaiste Euro-Milliarden für Soziales - Tagesspiegel Background.pdf